Die Ketose ist mehr als nur Energie: Autophagie und intrinsische Heilkraft
dr. reinwald metabolic regulation® – Teil 3
Zahlreiche Studien in den letzten Jahrzehnten haben gezeigt, dass die Ketose – mithin der eingangs erwähnte, schlecht geredete „Hungerstoffwechsel“ – aufgrund mannigfaltiger biochemischer Abläufe im Organismus dem Zuckerstoffwechsel, der im Grunde nur eine Art kurzfristige „Anschubfinanzierung“ bei der Energiebereitstellung sein sollte, haushoch überlegen ist.
Potenzial des Energiestoffwechsels
Die Überlegenheit des Energiestoffwechsels liegt im Gegensatz zum Zuckerstoffwechsel sowohl in dem effizienteren und weniger Freie Radikale produzierendem Potential, insbesondere auch des Gehirns, als auch mit Blick auf seine über die Energiegewinnung hinausgehenden Potential zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Dass belegen inzwischen zahlreiche Studien, wie sie etwa in der größten medizinischen Datenbank der USA unter https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/ gelistet sind (allerdings nur in englischer Sprache).
Ein weiterer über den Energiestoffwechsel der Ketose hinausgehender Aspekt ist die mit dem Nahrungsverzicht einhergehende Autophagie, d.h. der Mechanismus in Geweben, im „Notfall“ seinen Zellmüll selbst (auto) zur Glukosebereitstellung aufzufressen (phago). Für die Entdeckung dieses Stoffwechselmechanismus hat der Japaner Yoshinori Ohsumi 2016 den Nobelpreis für Medizin erhalten. Die Naturheilkunde spricht in diesem Zusammenhang jedoch schon seit Jahrhunderten von „Entschlackung“ – gleichwohl belächelt und diffamiert von der Schulmedizin.
Dieser „Zellsäuberungs- Mechanismus“ der Autophagie wird aber nur erreicht, wenn vollständig auf Zucker- bzw. Kohlenhydrate verzichtet wird, wie das beim Wasserfasten oder meiner Phase-1 und 2-Diät der Fall ist. Das Erreichen der Ketose allein, die bereits eintreten kann, wenn nur Einfachzucker und Kohlenhydrate reduziert und die Bewegungsleistung erhöht werden, reicht hier nicht aus. Der Autophagieprozess setzt zudem erst nach ca. 12 Stunden fasten ein, entsprechend sollte Intervallfasten (Phase 1 oder Fasten Plus) bzw. eine strenge Phase-2-Periode mindestens 16 Stunden oder länger dauern.
Eine wichtige Anmerkung sei hier noch erlaubt:
Alle Formen des Fastens, die zwar auf Nahrungseiweiße verzichten, aber zuckerhaltige Obstsäfte bereitstellen, wie das etwa beim sog. Obstfasten der Fall ist, konterkarieren mit diesen Maßnahmen sowohl das Erreichen der heilsamen Ketose als auch das der Autophagie. Aus therapeutischer und gesundheitlicher Sicht sind solche Fastenformen blanker Unsinn.
Unbeeinträchtigte Autophagie
In diesem Zusammenhang werden wir häufig gefragt, ob die Autophagie auch durch den Fettstoffwechsel ausgebremst wird. Dazu von meiner Seite ein deutliches: Nein! Entscheidend für das Eintreten der Autophagie ist einzig das Ausbleiben von Zucker, Kohlenhydraten und katabol (!) verwertbaren Aminosäuren aus Nahrungsproteinen. Wir haben bei MyAMINO® keine oder nahezu keine katabolen oder abzubauenden, d.h. aus der Energieverbrennung resultierende Anteile wie Glucose. Deshalb können wir die anabole Komponente der Proteinversorgung (Baustoffwechsel) gewährleisten, ohne den Prozess der Autophagie zu stören. Eine außerordentlich wichtige Eigenschaft dieser Aminosäurenformel und ein großer Vorteil bei einer ernährungsmedizinischen Intervention oder einer Diät zur Gewichtsregulation.#
Die intensive Phase (Phase 2)
Die strenge Phase 2, Intensiv, bzw. beginnend mit Phase 1 Fasten Plus ist bei gewissen „bösartigen“ (malignen) Erkrankungen mit Einschränkung oder Störungen bei der Verwertung von Nahrungseiweißen ernährungsmedizinisch betrachtet ein Muss. Sie kann durchaus vier bis acht Wochen und länger als Strategie der maximalen Organentlastung sowie Zuckerreduzierung bei gleichzeitig optimaler Protein- und Fettversorgung sinnvoll sein. Bei anderen Strategien (Gewichtsreduktion oder nicht malignen chronischen Erkrankungen) dient sie zur Beschleunigung beim Erreichen der ketogenen Stoffwechsellage bei gleichzeitigem Erhalt der so wichtigen Magermasse (Muskel- und Organgewebe aber auch Immunmasse): daher auch der von mir verwendete Begriff „initiales“ Fasten mit MyAMINO®.
Beim initialen Fasten – das länger ist als das sog. Intervallfasten – entfällt das Frühstück und zum Mittag- und Abendessen werden nur MyAMINO®, AlgaeDHA sowie VitalBASE® und die Puffersubstanzen wie z.B. Mikropektine für die Unterstützung der körpereigenen Entgiftung herangezogen. Dazu noch in gewissem Umfang Kokos-, Palmöl oder MCT-Auszugsöle.
Ich empfehle dieses „initiale“ Fasten mit den genannten Nahrungsergänzungen bis maximal 3 Tage bzw. nur dann länger, wenn eine der o.g. Störungen in der Verwertung von Nahrungsproteinen vorliegt und/oder andere therapeutische Ziele erreicht werden sollen. Danach kann man getrost in die weniger strenge Phase 2 bzw. sogar in die Phase 3 übergehen.
Mit den Maßnahmen aus Phase 2 erreichen wir bereits die maximale Entlastung der Verdauungs- und Entgiftungsorgane bei optimaler Regenerationsleistung und innerer Reinigung. Dies ist beim reinen Wasser- oder Basenfasten nicht der Fall, weil hier die für die Regeneration wichtigen Bausteine der essentiellen Aminosäuren fehlen, die nur über die Nahrung zugeführt werden können.
Die Regulation (Phase 3)
Im Gegensatz zur Phase 2 (Intensiv), bei der keinerlei Nahrungseiweiß – Fisch, Fleisch, Geflügel oder Eier –, aber auch keine pflanzlichen Proteine erlaubt sind und vollständig durch MyAMINO® substituiert wird, ersetzen wir in Phase 3 (Regulation) nur noch eine der Hauptmahlzeiten durch MyAMINO. D.h. einmal am Tag kann man Fisch, Fleisch oder Geflügel mit Salat oder stärkearmen Gemüsen essen.
Wir benötigen in der Phase 3 hochwertiges tierisches Nahrungseiweiß, kein pflanzliches Protein! Sollte Sie aus weltanschaulichen Gründen kein tierisches Nahrungseiweiß essen, dann empfehle ich Ihnen zu jeder Mahlzeit, in der Sie für die menschliche Proteinernährung minderwertige pflanzliche Eiweiße essen, d.h. mit niedrigen aufbauenden und hohen katabolen Werten respektive hoher Last an Stickstoffabfall, zusätzlich 3-5 MyAMINO® zu essen, um eine ausreichende Proteinversorgung zu gewährleisten. Vgl. dazu die Werte in der Tabelle. Andernfalls bleiben Sie in der Proteinmangelernährung, und es kann sein, dass Sie dann vermehrt Wasser in die Zellzwischengewebe einlagern und zugleich eine verringerte Regenerationsleistung aufweisen. Wir beobachten sehr häufig, dass es bei proteinarmen oder proteinreduzierten Diäten oder Fasten zu einem Herzmuskelabbau – einer Myokarddystrophie – kommt.
Am besten ist es, wenn Sie Nahrungsproteine wie Fleisch, Fisch, Geflügel oder Eier zum Mittagessen verzehren und den Ersatz von Nahrungseiweißen durch MyAMINO® in die Abendmahlzeit einbinden. Das entlastet dann die Leber und die Nieren während der Nacht durch die so verringerte Last an Stickstoffabfall auf der einen Seite und zusätzlich kann die Glukoselast noch einmal mehr niedrig gehalten werden. D.h. wir essen am Abend stärkefreies, im Wok gedünstetes Gemüse, Oliven, Palm- oder Kokosöl plus 8-10 MyAMINO®, abhängig von Körpergröße, Gewicht und Geschlecht.
Die im Einzelnen erstrebenswerten Ketosespiegel entnehmen Sie bitte der nachfolgenden Tabelle. Sie ist zugleich eine Gegenüberstellung zwischen der physiologischen Ketose und der pathologischen Entgleisung der Ketoazidose, die als Stoffwechselstörung von den meisten in der Ausbildung fehlgelenkten Medizinern mit der physiologischen Ketose verwechselt wird. Sie kennen i.d.R. nur die Fastenketose und die Ketoazidose. Ich unterscheide dabei noch einmal zwischen zwei Varianten einer physiologischen Ketose: der (1) ernährungsbedingten Ketose, der (2) therapeutischen Ketose (sie sollte bei bestimmten chronischen Erkrankungen erzielt werden und entspricht in ihrer Höhe bis zu 8 mmol/L einer strengen Fastenketose) sowie der (3) Ketoazidose.
Ernährungsbedingte Ketose, therapeutische Ketose, Ketoazidose: Einige Zahlen, um Verwirrung zu vermeiden
Wie Sie in der Tabelle sehen können, ist der entscheidende Unterschied bei der Ketoazidose nicht nur die bloße Höhe des Ketonspiegels, sondern auch der extrem hohe Glukosespiegel sowie der absolute Mangel an regulierendem Insulin etwa im Blut eines T1D-Patienten. Es ist also ein gestörter Zuckerstoffwechsel, der den Fettstoffwechsel in den Abgrund reißt und nicht umgekehrt. Das genaue Gegenteil ist bei einem normalen Menschen mit der Ketogenen Diät der Fall: Alle drei Messwerte – Blutzuckerspiegel, Ketosespiegel und Insulin – und damit auch sein Gegenspieler Glukagon – liegen bei ernährungsbedingter Ketose im Normbereich.
Nur während der therapeutischen Anwendung der Ketose, d.h. wenn wir den normoglykämischen Blutzuckerspiegel aus Behandlungsgründen weiter senken wollen, wie etwa bei neurologisch-degenerativen Erkrankungen oder bei einigen Krebsarten, erzielen wir bewußt einen niedrigeren Blutzuckerspiegel als normal. Dies geschieht jedoch ohne neurologische Ausfallerscheinungen, die die Ketonkörper den Energieausfall durch Glukose kompensieren. Der Ketosespiegel erreicht jedoch maximal den Wert beim verlängerten Fasten, d.h. max. 8 mmol/l.